Die Lavant in Wolfsberg

Alles im Fluss

aus den Lavanttal Storys

Was wäre das Tal ohne die Lavant? Oder die “Lovnt”, wie’s hier hießt, und nicht zufällig schwingt schon ein wenig “Love” mit. Vermutlich, weil sie nie weit weg vom eigenen Zuhause fließt. Spätestens bei der Fahrt zur Arbeit oder zum Einkauf in die nächstgrößere Stadt überquert man den Fluss, der als unscheinbares Rinnsal am Südosthang des Zirbitzkogels in der Steiermark entspringt.

Wer zurück an den Lavantursprung will, beginnt seine Route am besten knapp über dem Bergdorf St. Anna am Zirbitz, bei der Waldheimhütte auf ca. 1.600 Meter. Rein in die Wanderschuhe und rauf auf den Berg in Richtung Lavantsee.

Der Name Lavant stammt angeblich aus dem Indogermanischen und bedeutet so viel wie die “Weißglänzende”. Gut möglich, tatsächlich gibt es auch heute noch viele “Weißenbäche”, die weiter südlich in die Lavant fließen. Mindestens ebenso charmant wie das Bild eines glänzenden Bands, das sich von Reichenfels bis Lavamünd zieht, klingt die Interpretation von Philippus Theophrastus Aureolus Bombast von Hohenheim, genannt Paracelsus. Der hatte Philosophie, Medizin, Theologie und sonst noch so einiges studiert, kannte die Gegend gut, und meinte, dass die Wurzel von Lavant im Lateinischen “lavare”, also waschen, zu finden sei und im Goldreichtum, der das Wasser zum Glänzen gebracht habe. Und wohl auch die Augen der Goldwäscher.

Vom Gold ist weit und breit nichts mehr zu finden. Was auf dem Weg zum Lavantursprung immer noch funkelt, sind Glimmerminerale vulgo Katzensilber. Ein kostenloser Schatz für Kinder, der sich gut dazu eignet, die Ausdauer der Kleinen zu stärken. “Weiter findest du noch schöneres!” Wirkt garantiert. Vereinzelt liegen Holzstämme herum, Felsen eignen sich wunderbar als Turngeräte, kleine Rinnsale laden zum “Pritscheln” ein, um gleich ein Lavanttaler Vokabular einzuflechten, und dann gibt es Bankerl und zig Gelegenheiten für kleine Pausen, in denen nur die Augen wandern. Wenn der Blick über den Almrauschteppich streift, der sich im Juli über die Hänge des Zirbitzkogels legt. Wenn man selig wie ein Kind mit blauen Lippen und dunkelrot gefärbten Händen mitten in den Schwarzbeerstauden sitzt, Beeren “klaubt” (kärntnerisch), “brockt (steirisch) oder pflückt und sich des Lebens freut.

Oder wenn man gar nicht einfach weiter gehen kann, weil die Augen wie magnetisch an den Gipfelketten in der Ferne und an den Felsen und Almen in der unmittelbaren Umgebung hängen bleiben. Überwältigend schön.

LOVENTOL Lavanttal Drohnenaufnahme

Nach 4,7 km und 540 Höhenmetern steht man jedenfalls am Ufer des Lavantsees und zugleich am Ursprung der Lavant, die sich hier als “Bachili” bzw. “Bachale” zeigt. Ein Bein am linken Ufer, ein Bein am rechten. Das geht sich hier leicht aus. Und man merkt dem Wasser die unbeschwerte Jugend an, wenn es sich fröhlich glucksend und plätschernd zwischen den Steinbrocken in Richtung Tal fallen lässt.

Nach etwa zehn Kilometern schlängelt sich der Bach über die steirisch-kärntnerische Grenze und vermutlich würde die Lavant noch kilometerlang wild vor sich hin mäandern, wären da nicht Straße und Bahngleise, die sie daran hindern.

Im Twimberger Graben ist sie schon breiter als die Straße und man sieht durch das klare Wasser bis auf den steinigen Grund. In Wolfsberg lässt sie sich von den Brücken der Stadt bewundern und das Ufer bietet sich als stimmige Kulisse für den Sundowner an. Auf dem Weg nach St. Andrä und St. Paul teilen sich Fischer und Fischotter die Beute. Dabei haben die Zweibeiner in den letzten Jahren definitiv das Nachsehen, seit der Fischotter unter Naturschutz steht, in den Gewässern des Tales ungehindert fischt und sich fröhlich vermehrt.

In der österreichisch-ungarischen Monarchie galt vor allem die Untere Lavant als eines der bedeutensten Fischgewässer. Bis – ja bis man in den 1930er-Jahren mit Regulierungen den Flusslauf massiv veränderte um landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen und die angrenzenden Siedlungen vor Hochwasser zu schützen. Die Lavant wurde begradigt und folglich verkürzt, das Gefälle veränderte sich und die Fischpopulation ebenso.

In den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts erkannte man den Ernst der Lage. Zunächst wurden die letzten Kilometer im Süden zum NATURA 200-Gebiet erklärt. Seit 2013 sind insgesamt 21 km  der Lavant Europaschutzgebiet und mit Mitteln von EU, Bund, Land und der ÖBB startete das LIFE-Projekt “Lavant: Lebensraumvernetzung für gefährdete Kleinfischarten”. Denn noch gab es hier eine kleine Anzahl seltener Fischarten, die in anderen Teilen Österreichs und Europas ihren natürlichen Lebensraum verloren hatten.

Die Altarme des Flusses und kleine Zubringerbäche wurden renaturiert, man baute Passierwege für große Fische, etwa den Huchen, und kleinere Arten.

Dass sich die Expertinnen und Experten gerade diesem Flussabschnitt so intensiv widmeten, erklärt sich auch durch ein Jahrhundertprojekt, das den Lebensraum Lavanttal vermutlich in seiner Gesamtheit verändern wird: die Koralmbahn. Das Portal des 32,8 km langen Tunnels, die neue Trasse und der geplante Bahnknotenpunkt Lavanttal liegen nämlich wenige Meter vom Flussufer entfernt. Das hätte schlecht ausgehen können. Ist es glücklicherweise nicht. Obwohl die Lavant auf einer Länge von 1,4 km verlegt wurde.

In dem 26 ha großen Ersatzlebensraum wurde offensichtlich einiges richtig gemacht, damit sich Flora, Fauna und Menschen wohlfühlen. Den Flusskrebsen und Fischen gefällt’s im Fluss, der nun wieder mäandern darf, offensichtlich besser als früher. Heute tummeln sich wieder seltene Fischarten wie Steingressling, Semling, Frauennerfling, Weißflossengründling, Zingel und Streber in der Lavant. Insgesamt sind es 19 Arten und damit doppelt so viele wie vor dem Umbau. Die Auenlandschaft wirkt gepflegt und doch ursprünglich und bezaubert mit ihren Seerosenteichen. Kein Wunder, dass viele, die diesen schönen Flecken Erde auf ihrer Radtour am R10 entlang der Lavant entdeckt haben, ins Schwärmen kommen und sich gerne auf einem der kleinen Rastplätze zum Picknick treffen.

Apropos Lavantradweg: Sehr empfehlenswert. Erstens ist der R10 nicht überlaufen und zweitens geht es die meiste Zeit recht gemütlich und flach dahin. Nach St. Paul führt er zwischen Fluss, Feldern und der längst aufgelassenen Bahnverbindung weiter nach Süden und begleitet den Fluss durch die Talenge vor Lavamünd bis zu dem Moment, wo sich die Lavant dem Unvermeidlichen fügt. Wie alle anderen Flüsse und Bäche Kärntens fließt sie am Ende ihrer rund 70 km langen Reise in Kärntens größtes Fließgewässer: Am Drauspitz mischt sich ihr unergründliches Dunkel mit dem Türkis der mächtigen Drau. Und so fließt an Lavamünd das ganze Wasser Kärntens vorbei.



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